Mittwoch, 25. August 2010

Fallen


Heute bin ich aus dem Rahmen gefallen. Und du aus der Rolle.
Du hast mich aus dem Rahmen fallen lassen, du beugtest dich zu mir und sagtest: "Bei mir gibt es viele Faulpelze."
Du hast mich aus der grauen Masse gezogen.
Du wusstest, ich würde dich verstehen.

Du bist aus der Rolle gefallen, weil du für fünfzig Minuten deine Korrektheit vergessen hast.

Fünfzig Minuten, in denen dir alles egal ist, in denen du ein so großes Risiko eingehst.
Fünfzig Minuten, in denen du ein Stückchen Zucker auf dem Milchschaum deines Cappucinos zerbröselst. Du hast die Angewohnheit, jede Sache dir zu eigen zu machen, ihr etwas Besonderes zu verleihen.
Fünzig Minuten, in denen du nachdenkst, und über deine eigenen Gedanken lachst.
Fünfzig Minuten sind wertvoll.

Im Hinterkopf habe ich die Worte eines Mädchens, das keine Ahnung hat.

"Darf man das?"



Ich sehe die Tasse vor mir, zerkrümelter Zucker, rote Spuren am Rand.

-Ja, man darf.

Dienstag, 17. August 2010

Dienstage mag ich nicht.

"Dienstage mag ich nicht", sage ich und verziehe das Gesicht.
Sie nickt zustimmend und ich bin irritiert.
Achja, natürlich. Ihr wisst alle, warum. Weil Dienstag direkt nach Montag kommt, weil an Dienstagen besonders viel gelernt werden muss und die Fächer zu wünschen übrig lassen.
Ihr wisst nichts.
Die Frau mit den langen dunklen Haaren, durch die ich gerne einmal fahren würde, erklärt mit übertrieben brtitischem Akzent, darling, stilistische Mittel, während ich gedankenverloren die Dienstagmorgenzeichnung unter meine Hausarbeit platziere.
Dann richte ich meine Aufmerksamkeit gütig auf den mir vorgelegten Text. Ich weiß, dass sie mich jetzt aus den Augenwinkeln beobachtet. Das macht sie immer.
Wie soll ich diesen Tag nur überstehen?
Von allen Seiten wird auf mich eingeredet, das ist dienstags am schlimmsten.
"Würdest du dich kurz von deinem Innenleben trennen und mir zuhören?"
Ich blicke auf. Das Mädchen lächelt, streift meine Hand und fängt an zu reden.
Ich nicke und schalte ab.
Dienstags kann ich Gesten nicht deuten.

Dienstags hat sie keinen Unterricht.
Dienstags kann ich ihren Nacken nicht unverstohlen anstarren.

Montag, 16. August 2010

Teufelskerl

An deiner Jacke klebt ein Leben lang das Preisschild
in deinem Hut steht nicht dein Name sondern keiner
deine Schuhe sind zu klein
und sie laufen auch noch ein
und dein Schirm ist so zerfetzt wie selten einer

Wenn man dich anspricht fällst du jedesmal ins Stottern
du weißt nie Auskunft ganz egal was man dich fragt
du gehst seitlich abgeknickt
mancher hält dich für verrückt
du vergißt Befehle eh sie jemand sagt

Doch wenn die Bilder kommen fängst du an zu wachsen
wenn die Geschichten blühen wirst du ganz ihr Beet
aus unsichtbaren Lehm kannst du
uns Märchenschlösser kneten
du Teufelskerl
beim Barte des Propheten

Du würdest alles tun für undankbare Freunde
du bist so einsam daß du deinen Nabel kaust
doch du öffnest nie die Tür
es ist wunderlich bei dir
niemand würde glauben wie du wirklich haust

Für deine Gabe kannst du dir nichts Feistes kaufen
was dir gehört ist so verwegen wie die Luft
deinesgleichen fällt zum Opfer
dem Geschmeiß der Sprücheklopfer
wenn du ausstirbst fehlt der ganzen Welt der Duft

Doch wenn die Stimmen flüstern wird dein Ohr zum Flügel
dein alter Teppich ja dein ganzes Zimmer fliegt
und das was kaum zu fassen ist
klingt schöner noch als Beten
du Teufelskerl
beim Barte des Propheten

Doch wenn die Bilder kommen fängst du an zu wachsen
wenn die Geschichten blühen wirst du ganz ihr Beet
aus unsichtbaren Lehm kannst du
uns Märchenschlösser kneten
du Teufelskerl
beim Barte des Propheten

Herman van Veen, Teufelskerl

Sonntag, 15. August 2010

Sonntagnachmittag, Kino.






Wie ich es liebe, am Sonntag, nachdem alle Arbeit getan ist, ins Kino zu gehen!
Nun komme ich gerade aus dem Film Mademoiselle Chambon und habe das Bedürfnis, meine Gedanken kundzutun.
Zunächst muss ich sagen, dass ich im wunderbarsten Kino der Stadt war, in dem Popcorn mit Zimt verkauft wird. Nichts Kommerzielles, von außen unscheinbar und von innen atemberaubend. Mit einem großen Kinosaal und einem riesigen. Jemand, der in ein Cinemaxx geht, hat keine Vorstellung davon, wie schön ein Kino sein kann.
Genug, zum Film.
Ich liebe französische Filme. Das sage ich nicht, weil es gerade in Mode ist, nein. Ich liebe französische Filme.
Natürlich kann man soetwas nie über einen Kamm scheren, ich weiß. Aber es gibt wenige französische Filme, die mir nicht gefallen.
Im Film geht es um die schüchterne Annäherung zwischen Jean, der verheiratet ist und einen Sohn hat, und Mademoiselle Chambon, der Lehrerin seines Sohnes.
In einer Kritik habe ich die Wörter "das Neigen von Herzen zu Herzen" aufgeschnappt, und ich finde, dass man nicht mehr zu diesem Film sagen muss.
Der Film kommt sehr gut ohne Worte aus oder nur mit wenigen. Auch wird auf große Effekte verzichtet. Umso anrührender sind aber die kleinen Gesten und die schöne Filmmusik.
Mir, die ich nicht oft im Kino weine, liefen die Tränen noch, als das Licht im Kinosaal wieder angeschaltet wurde.
Ich kann jedem diesen Film empfehlen - und sei es nur, um die wunderschöne Mademoiselle Chambon anzusehen.

Freitag, 13. August 2010

Pavarotti oder "bonjour, tristesse!"

Heute habe ich Pavarotti gehört.
Das Radio schepperte richtig, als ich die Lautstärke aufdrehte.
Schrecklich, theatralisch und wunderschön.

Und dann wurde ich tieftraurig, denn mir viel ein, dass der Gute ja längst nicht mehr lebt.
Und dabei wollte ich ihn doch heiraten.



Mittwoch, 11. August 2010

Lueur d'espoir

Für mich hat nun also wieder die Schule angefangen und das drückt seltsamerweise sehr auf meine Stimmung. Denn eigentlich gehe ich doch recht gern in die Schule. Mögt ihr denken, was ihr wollt.

Ich habe mir angewöhnt, nach der Schule (was dreimal in der Woche erst um sechs Uhr ist) etwas für mich zu tun. Meist lese ich, musiziere oder betätige mich künstlerisch.
Mir fiel dann neulich einmal wieder Le petit prince oder auf Deutsch: Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry in die Hände. Natürlich, natürlich. Ihr kennt es, jeder hat es gelesen, schon klar.
Aber ich habe nun begonnen, mich einmal richtig damit zu beschäftigen.
Ich habe viel dazu gezeichnet und gemalt (auch die Wände meines Zimmers wurden nicht verschont) und auch einiges geschrieben.
Was ich euch eigentlich bloß sagen möchte: Lest dieses Buch! Lest es, lest es, lest es!
Denn es macht glücklich!



"Das sie es ist, die ich weinen oder sich rühmen gehört habe oder auch manchmal schweigen. Da es meine Rose ist."

Montag, 2. August 2010

Sonntag, 1. August 2010

Lesen!


...nicht mit Elke Heidenreich

Ich hasse Kurzgeschichten. Ich brauche Zeit, mich in einer Geschichte zurechtzufinden. Kurzgeschichten sagen selten etwas aus und können niemals diese gewisse Atmosphäre aufbauen, so wie ein Buch das kann.
Dachte ich zumindest.
Bis ich Himmel und Hölle von der kanadischen Autorin Alice Munro las.
Jede einzelne der Kurzgeschichten fesselt. Alle unterscheiden sich vollkommen voneinander, die Themen wechseln, nach jeder dieser Geschichten glaubt man nicht, dass es nur eine Kurzgeschichte war.
Eines aber haben sie gemeinsam: Sie sind großartig und es lohnt sich absolut , einmal die Nase in dieses Buch zu stecken (auch und besonders für Leute, die eigentlich keine Zeit zum Lesen haben)!

Liebste Grüße!
Pia

PS: Dass ich alle anderen Kurzgeschichten hasse, stimmt nicht so ganz. Die Erzählungen von Elke Heidenreich (gesammelt in dem Band: Der Welt den Rücken) liebe ich über alles.

Pustekuchen oder in unerreichbarer Ferne



Gestern wollte ich mir ja eigentlich die Frida Kahlo Retrospektive in Berlin ansehen. Eigentlich.
Denn als ich gegen Mittag nach ewig langer Anreise endlich in Berlin ankam, erlebte ich eine riesige Enttäuschung. Vor dem Martin-Gropius-Bau stand eine lange Schlange, den Eingang konnte ich nicht sehen. Dennoch hatte ich vor, mich einzureihen. Als ich aber hörte, dass die Wartezeit von dem Standpunkt, an dem ich stand, sechs Stunden - SECHS STUNDEN - betrug, schwand mir dann doch der Mut. So viel Zeit hatte ich nicht - ich wollte ja abends wieder nach Hause fahren.
Ich fasste mich recht schnell wieder und verbrachte den Nachmittag auf diversen Trödelmärkten und auf einem Kunstmarkt.

Wer sich diese Ausstellung noch ansehen möchte, sollte versuchen, Tickets im Internet zu kaufen, Familien mit Kinderwagen werden auch durch den Seiteneingang eingelassen.

Geliebte Frida, es sollte wohl nicht sein.
Vielleicht ein anderes Mal.